30,4 Prozent der Wahlberechtigten teilten demnach die Gesellschaft klar in zwei Gruppen auf: das „reine Volk“ auf der einen, die „korrupte Elite“ auf der anderen Seite. „Daraus ergibt sich eine oft diffuse Unzufriedenheit mit dem aktuellen politischen Angebot und eine Sehnsucht nach einfachen Lösungen in einer durch Globalisierung und Digitalisierung immer komplexer werdenden Welt.“
Davon profitierten derzeit am stärksten die AfD und zu einem geringeren Teil die Linkspartei. Katholiken seien aufgefordert, Flagge zu zeigen, wenn eine Partei sich als Sammlungsbewegung rechter Kräfte begreife, aber in jüngster Zeit eindeutig radikalisiere. „Es muss unmissverständlich deutlich werden: So etwas geht in unserem Land nicht, so etwas wählen wir nicht, so etwas wollen wir nicht“, betonte Büttner. Auch die Verantwortlichen „einer Volkspartei mit dem ‚C‘ im Namen“ begriffen langsam, dass das teilweise Übernehmen der Diktion und platten Parolen der Rechten, insbesondere in der Flüchtlings- und Migrationspolitik, keineswegs Wähler zurückgewinne. Vielmehr würden „Wähler der Mitte abgeschreckt, für die Vielfalt, Toleranz, Religionsfreiheit und die zutiefst christlichen Werte wie Nächstenliebe, Solidarität mit Flüchtlingen, Heimatlosen und Verfolgten unabdingbar zu einem freiheitlich-demokratischen Deutschland gehören“. Auch dürfe die Zunahme von antisemitischen Äußerungen und Ausschreitungen nicht hingenommen werden, betonte der Diözesanratsvorsitzende.
Nicht kalt lassen dürfe die Delegierten auch die geplante Rodung des Hambacher Waldes für den Kohleabbau. „Die beschlossenen Klimaschutzziele sind nämlich, wenn überhaupt, nur bei einem möglichst schnellen Ausstieg aus der Kohleverstromung zu erreichen.“ Büttner regte an, eine Arbeitsgruppe einzurichten, die bis zur Frühjahrsvollversammlung des Diözesanrats eine Positionierung erarbeitet.
Im Blick auf die kürzlich veröffentlichte Missbrauchsstudie der Deutschen Bischofskonferenz sagte der Diözesanratsvorsitzende, viel zu lange und zu oft seien in der Vergangenheit die Geschehnisse und Verbrechen verschwiegen worden, um die Institution Kirche und ihre Amtsträger zu schützen. „Wohl hat sich vieles in den letzten Jahren gebessert, aber bei vielen Gläubigen ist das Vertrauen gegenüber der katholischen Kirche noch nicht wieder hergestellt.“ Die kirchlichen, hierarchischen Strukturen sind für Büttner auf lange Sicht nicht mehr tragbar. „Sexueller Missbrauch wurde vor allem durch einen massiven Machtmissbrauch in kirchlichen Strukturen ermöglicht, zum Teil gefördert und dann auch noch vertuscht.“ Es sei daher für das Beantworten der von den Autoren der Missbrauchsstudie aufgeworfenen Fragen unabdingbar, auch Missbrauchsopfer, Fachleute von außen und Vertreterinnen und Vertreter des gesamten Volkes Gottes zu beteiligen. „Auch muss über Alternativen in der Pastoral und Seelsorge wie zum Beispiel über die Zulassung von ‚viri probati‘ oder noch besser ‚homines probati‘ nachgedacht werden“, sagte Büttner.
Zudem rief er zu Solidarität mit Papst Franziskus auf, der im Zug der kirchlichen Missbrauchsskandale in vielen Ländern den Attacken seiner Gegner ausgesetzt sei. „Für diese infamen Spaltungsversuche der innerkirchlichen Gegner des Papstes bringen wir nicht das geringste Verständnis auf, verurteilen sie aufs Schärfste und sichern ihm unsere absolute Solidarität zu.“ Als Diözesanratsvorsitzender sei er den deutschen Bischöfen dankbar, die in einem Schreiben dem Heiligen Vater für dessen Kampf gegen den Missbrauch von Kindern und Jugendlichen und den Einsatz gegen alle Formen von Selbstherrlichkeit der Kleriker dankten. Traurig habe ihn allerdings die Aussage des Papstes gemacht, der bei der jüngsten Generalaudienz im Rom Abtreibung mit Auftragsmord gleichgesetzt hat. „Jeder weiß, dass ich ein absoluter Abtreibungsgegner bin. Aber diese Aussage von Papst Franziskus ist eindeutig differenzierter zu betrachten.“ Besonderen Dank sprach der scheidende Diözesanratsvorsitzende allen aus, die sich ehrenamtlich in der Kirche als Vertreter des Volkes Gottes „mit Herzblut“ engagieren.
mh (POW)