Als Herausforderung für die Zukunft hat Bischof Dr. Franz Jung die bislang von Orden betriebenen geistlichen Zentren wie Dettelbach, den Engelberg, den Kreuzberg oder Fährbück bezeichnet. „Wie kann man diese Orte geistlich profilieren und erhalten, wenn die Orden, die das bisher gewährleisteten, bereits oder in absehbarer Zeit nicht mehr da sind?“, fragte der Bischof die Delegierten der Herbstvollversammlung des Diözesanrats der Katholiken am Samstag, 19. Oktober, im Würzburger Exerzitienhaus Würzburg. Es stellten sich Fragen nach dem Personal, dem Unterhalt der Immobilien und dem passenden Konzept. Eventuell könnten diese Orte Aufgaben für die umliegenden Pfarreien übernehmen, regte der Bischof vor der höchsten Laienvertretung im Bistum an.
Sicher sei aber, dass das Bistum angesichts der weiter „sehr angespannten finanziellen Lage“ nicht alle Werke übernehmen könne, die zahlreiche Orden jetzt gerne angesichts ihres eigenen Nachwuchsmangels der Diözese übertragen wollten, wie zum Beispiel Schulen. „Natürlich besteht diese Option, aber das hätte Auswirkungen auf viele andere Bereiche im Bistum“, erklärte Bischof Jung. In jedem Fall werde ehrenamtliches Engagement in der Zukunft für das Bistum immer wichtiger werden, da auf lange Sicht der Bistumshaushalt heruntergefahren werden müsse.
Beim Prozess Pastoral der Zukunft setzt der Bischof auf einen geordneten Verlauf. „Anhand eines Kriterienkatalogs wird in den Dekanaten die Sinnhaftigkeit der neuen Einheiten überprüft“, erläuterte der Bischof. Die zuständigen Gremien sollten dann mindestens mit einer Zweidrittel-Mehrheit dafür stimmen, andernfalls werde der Bischof den Zuschnitt festlegen. „Zum 24. Oktober 2020 wird dieser Prozess abgeschlossen sein“, erklärte Bischof Jung. Das schließe auch mit ein, dass bis dahin einheitliche pastorale Standards festgelegt sein und die Rätestruktur an die neuen Einheiten angepasst werden müssten. „Das ist ein ambitioniertes Unterfangen, permanentes Nachbessern wird nötig sein“, sagte der Bischof. Außerdem wolle er die Entlastung der Pfarrer bei der Verwaltung weiter voranbringen. Das könne womöglich auch durch eine engere Vernetzung von Diözesanbüros und Caritas geschehen, ohne dass dafür neue Stellen geschaffen werden müssen. Er selbst plane künftig nur noch neun Dekanate, die identisch mit den Landkreisgrenzen verlaufen.
Als Folge der MHG-Studie zum sexuellen Missbrauch werden die deutschen Bistümer bis 2020 die Führung der Personalakten vereinheitlichen. Er hoffe zudem, dass der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, bis Ende 2019 Kriterien für die Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs liefere, sagte der Bischof weiter. Die katholische Kirche sei bislang die einzige Institution in Deutschland, die das vorantreibe. Weil inzwischen das systemische Versagen der Kirche bei der Ahndung der Missbrauchsfälle feststehe, müsse die Institution den Opfern jetzt Schmerzensgeld zahlen. Bei Summen von bis zu 400.000 Euro pro Fall bedeute das für die einzelnen (Erz-)Diözesen eine zusätzliche finanzielle Belastung.
Mit Blick auf den Synodalen Weg deutete der Bischof den Brief von Papst Franziskus als Beleg, dass diesem Synodalität ein Anliegen sei. „Zuhören, zuhören, zuhören“ ist nach den Worten von Bischof Jung von entscheidender Bedeutung. Nur wer alle zu Wort kommen lasse, könne wahrnehmen, was ist, und ein realistisches Bild der Wirklichkeit einholen. „Bischof Bahlmann aus unserem brasilianischen Partnerbistum Óbidos hat mich um Gebet für die Amazonassynode gebeten, und dieser Bitte komme ich gerne täglich nach.“
Vor eine spannende Aufgabe gestellt sieht sich nach den Worten von Vorsitzendem Dr. Michael Wolf auch der Diözesanrat angesichts der künftigen Pastoralen Räume gestellt. Bayernweit sind die nächsten Pfarrgemeinderatswahlen für das Jahr 2022 geplant. „Findet die Wahl aber im ersten Halbjahr 2022 statt, so muss die Satzung im Frühjahr 2021 verabschiedet werden, damit sie fristgerecht von Bischof Dr. Franz Jung in Kraft gesetzt werden kann und die Vorbereitungsarbeiten im Herbst beginnen können“, betonte Wolf. Das wiederum führe notwendigerweise dazu, dass die Satzung bereits im Herbst 2020 diskutiert werden müsse, noch vor der Errichtung der Pastoralen Räume. Wichtig sei aber, dass auch nach Errichtung der neuen Pastoralen Räume auf allen wichtigen Ebenen eine Laienvertretung bestehen müsse. „In unserer Diözese wird sicherlich eine Ungleichzeitigkeit in der Umsetzung auftreten, die ertragen und beherrscht werden muss.“ Was auf keinen Fall passieren dürfe, sei, dass Einzelne „ihr eigenes Süppchen“ kochen. „Für alle Festlegungen muss gelten: So frei wie möglich, so verbindlich wie nötig“, sagte Wolf.
Gut durchdacht sein müssen nach den Worten des Diözesanratsvorsitzenden auch die Maßnahmen für eine finanziell gesicherte Zukunft des Bistums. „Auf keinen Fall darf sich unsere Ortskirche in einen Wohlfühlraum einrichten, eine Kirche der wenigen Willigen sein und den Rest der Gesellschaft aus den Augen verlieren“, mahnte Wolf. Auch die Frauenfrage sprach er an. „Kann es denn wirklich sein, dass Frauen von Ämtern aufgrund eines anderen Chromosoms und Traditionen, die schon lange überholt sind, ausgeschlossen werden? Der Diskussion muss sich die Kirche stellen. Das betrifft nicht nur die Geweihten, sondern uns alle.“ Spontanen Applaus der Delegierten bekam Wolf, als er die Gewalttat von Halle ansprach. „Hier ist Zivilcourage von uns allen gefordert. Ich bitte Sie, ja fordere Sie auf, sich rechtsradikalen Tendenzen klar und entscheiden entgegenzusetzen. Dafür darf in unserer Gesellschaft kein Platz sein.“
Im Konferenzteil beschloss der Diözesanrat eine Aufforderung an die Bayerische Staatsregierung und die kommunal Verantwortlichen, die notwendigen finanziellen Ressourcen für die Integration von Flüchtlingen und Migranten verlässlich und dauerhaft zur Verfügung zu stellen. In einem weiteren Beschluss sprach sich das Gremium dafür aus, ehrenamtliche und hauptberufliche kirchliche Mitarbeiter für die Nutzung von Sozialen Medien durch Schulungen, Fortbildungen und Austausch zu unterstützen.
mh (POW)