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„Wenn ich auch der Meinung bin, dass die Kirche sich aus den Wahlkämpfen besser heraushalten sollte, bin ich dankbar für das Statement der Deutschen Bischofskonferenz, dass die AfD für Christen nicht wählbar ist.“

Diözesanratsvorsitzender Dr. Michael Wolf bei der Frühjahrsvollversammlung des Diözesanrats

„Wenn ich auch der Meinung bin, dass die Kirche sich aus den Wahlkämpfen besser...

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"Bemühen um ein glaubwürdiges Zeugnis"

Bericht des Diözesanratsvorsitzenden Karl-Peter Büttner bei der Herbstvollversammlung des Diözesanrates der Katholiken im Bistum Würzburg am 14. Oktober 2011 im Exerzitienhaus Himmelspforten

In meinen Bericht zur Lage bei unserer letzten Vollversammlung am 19. März 2011 ging ich sehr ausführlich auf die Diskussion um die Präimplantationsdiagnostik (PID) ein, berichtete von unserem Brief an alle unterfränkischen Abgeordneten des Deutschen Bundestages, in dem wir detailliert – mit großem Ernst die verschiedenen Argumente abwägend – den Abgeordneten unsere Position darlegten und sie baten, für den der drei Anträge zu stimmen, der das generelle Verbot der PID weiterhin sicher gestellt hätte. Ich schloss damals mit den Worten: „Ich wiederhole meinen schon oft geäußerten Appell, in dem so wichtigen Einsatz für den Schutz des Lebens in all seinen Phasen, von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod, nicht nachzulassen, und bei Gesprächen in der persönlichen Umgebung oder mit Politikern und sonstigen Meinungsführern mutig Farbe zu bekennen.“

Dieser Appell gilt weiterhin, auch wenn wir darüber enttäuscht sind, dass unsere Position nicht die erforderliche parlamentarische Mehrheit fand. Immerhin haben von den 11 Abgeordneten aus Unterfranken 8 in unserem Sinn votiert. Umso wichtiger ist Wachsamkeit und klare Positionierung in der Zukunft. Ich schließe mich da voll inhaltlich der Meinung unseres Bischofs und seiner Mitbrüder sowie des ZDK und seines Präsidenten Alois Glück an, die alle ihr tiefes Bedauern über diese Entscheidung ausdrückten und erklärten: „Mit 326 Stimmen wurde mehrheitlich ein Gesetz verabschiedet, welches die PID in begrenzten Fällen für nicht rechtswidrig erklärt. (…) So sehr wir die Nöte von Eltern verstehen und den Wunsch nach einem gesunden Kind nachvollziehen können; die Selektion von menschlichen Embryonen verstößt gegen das Achtungsgebot der Menschenwürde, die jedem Menschen von Anbeginn zuteil ist. Jeder Mensch ist einmalig als Person (…) und zwar in allen Phasen seines Daseins. Wir bedauern die heutige Entscheidung zur PID zutiefst, umso mehr drängen wir nun mit Nachdruck darauf, die im Gesetz erwähnten Ausnahmefälle, in denen die PID nicht rechtswidrig sein wird, eng zu umgrenzen, um die willkürliche Anwendung und die Gefahr einer immer weiteren Ausdehnung der Anwendungsfälle der PID auszuschließen.“ Alois Glück schloss seine Erklärung mit den Sätzen: „Es gilt nun, unter den gegebenen Umständen weiter für die Würde und das Recht jedes Menschenlebens einzustehen. Eine besondere Herausforderung für unsere Gesellschaft liegt dabei in der Entlastung und Unterstützung von Menschen mit Behinderung und ihrer Familien. Es bleibt unsere Pflicht, ihnen ein Leben in Würde und mitten in unserer Gesellschaft zu ermöglichen. (…) Auch wenn wir unser Ziel nicht erreicht haben, war das Engagement doch als kraftvolles Zeugnis christlicher Weltverantwortung in einer Zeit des gesellschaftlichen Gegenwindes nicht vergebens.“

Leider bleibt auch das Thema „Finanzmärkte/Eurokrise“ anscheinend auf Dauer virulent. Es beherrscht schon seit über drei Jahren in wechselnder Intensität die gesellschaftliche Diskussion und die Schlagzeilen der Presse und der elektronischen Medien: Immobilienkrise, Finanzkrise, Wirtschaftskrise, Bankenkrise, Haushaltskrise, Eurokrise, Schuldenkrise etc. verunsichern die Menschen und schüren Ängste um eine gesicherte Zukunft. Windige Banken und Finanzmakler flüchteten unter vom Gemeinwesen und den Steuerzahlern verbürgte Rettungsschirme und haben anscheinend weiterhin nur Gier, hohe Renditen und Gewinnmaximierung auf Kosten der Allgemeinheit im Kopf. Zinsen und Schulden werden in eine Höhe getrieben, dass sogar ganzen Volkswirtschaften die Zahlungsunfähigkeit droht. Spielen da Verantwortungsbewusstsein, Ethik und Moral überhaupt noch eine Rolle? Es entsteht der Eindruck, über die Zukunft entscheiden letztlich die Mächtigen der Finanzwirtschaft und nicht mehr die Politik und die Realwirtschaft mit ihrer Produktivität und ihren Dienstleistungen, wodurch menschenwürdiges Arbeiten sowie der Lebensunterhalt und Wohlstand gesichert werden sollen und können.

Dies dürfen wir als Christen nicht hinnehmen, weil sonst die drei Grundpositionen der katholischen Soziallehre Subsidiarität, Solidarität und Personalität ausgehebelt werden. Das spricht auch Papst Benedikt XVI. mehrfach und eindringlich in seiner Sozialenzyklika „CARITAS IN VERITATE“ an, z. B. wenn er im Kapitel 3 „Brüderlichkeit, wirtschaftliche Entwicklung und Zivilgesellschaft“ in Ziffer 37 schreibt: „Die Soziallehre der Kirche hat immer bekräftigt, dass die Gerechtigkeit alle Phasen der Wirtschaftstätigkeit betrifft, da diese stets mit dem Menschen und mit seinen Bedürfnissen zu tun hat. Die Beschaffung von Ressourcen, die Finanzierung, die Produktion, der Konsum und alle übrigen Phasen haben unvermeidbar moralische Folgen. So hat jede wirtschaftliche Entscheidung eine moralische Konsequenz. (…) Vielleicht war es früher denkbar, der Wirtschaft die Schaffung des Reichtums anzuvertrauen, um dann der Politik die Aufgabe zu übertragen, diesen zu verteilen. Heute erscheint das schwieriger, da die wirtschaftlichen Tätigkeiten nicht an territoriale Grenzen gebunden sind, während die Autorität der Regierungen weiter vorwiegend örtlich beschränkt ist. Darum müssen die Regeln der Gerechtigkeit von Anfang an beachtet werden, während der wirtschaftliche Prozess in Gang ist, und nicht mehr danach oder parallel dazu.“

Meiner Meinung nach hat EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso mit Recht vor dem Europaparlament u. a. gefordert: „Es ist Zeit, dass der Finanzsektor einen Beitrag zurück an die Gesellschaft leistet. (…) Es ist deshalb auch fair, Finanzaktivitäten zu besteuern.“ Würden der Handel mit Anteilen und Anleihen mit 0,1 % und Derivatkontrakte mit 0,01 % besteuert, kämen pro Jahr 57 Milliarden Euro zusammen.

Doch nun zu den beiden Themen „Papstbesuch“ und „Dialogprozess“.

Viel Unpassendes und Überflüssiges ist im Vorfeld des Papstbesuches diskutiert worden. So schienen für Manche weder der Verlauf, noch die geplanten Begegnungen, noch die möglichen Themen von Interesse zu sein, sondern nur die Frage, wie viel Euro muss wohl die katholische Kirche in Deutschland bzw. die öffentliche Hand dafür aufbringen, wenn der Papst auf Einladung des Bundespräsidenten zu seinem ersten Staatsbesuch in unser Land kommt. Da halte ich es mit Freiburgs „grünen“ Oberbürgermeister, der in einem Interview sagte: „Wenn der Papst nach Deutschland kommt und dann permanent nur über Geld geredet wird, empfinde ich das ehrlich gesagt als beschämend und kleinkariert. Das sage ich als jemand, der nicht der katholischen Kirche angehört!“

Die vier Tage des Besuches selbst waren meiner Meinung nach eine wertvolle und gelungene Zeit für die katholische Kirche in Deutschland. Enttäuscht sein konnte nur, wer unrealistische Erwartungen in einen solchen „Staatsbesuch“ setzte und nicht mit offenen Augen und Ohren entsprechende Signale wahrnahm.

Erfreut und doch nüchtern kann man konstatieren:

Papst Benedikt XVI. wurde an allen Stationen seines Besuches überwiegend freundlich, ja teilweise sogar begeistert begrüßt. Die angekündigten und in einem demokratischen Staat legalen Gegenkundgebungen hatten meist weniger Teilnehmer als erwartet und verliefen friedlich.

Die verschiedenen Gottesdienste zogen Jung und Alt in ihren Bann, waren ein beeindruckendes spirituelles Erlebnis und zeigten, mit wie viel Freude deutsche Katholiken ihren Glauben feiern.

Die Begegnungen des Papstes mit den Repräsentanten des Staates, der Konfessionen und Religionen, den verschiedenen katholischen Gruppierungen waren von einer offenen Atmosphäre und gegenseitigem Respekt geprägt.

Die Rede Benedikts XVI. vor dem Deutschen Bundestag war für die meisten Beobachter der Höhepunkt zumindest des politischen Teils seines Besuches, fand viel nachdenkliche Wertschätzung und lies schnell die teilweise unsägliche Diskussion um die leeren Plätze im Plenum in den Hintergrund treten.

Dank des Engagements vor allem der öffentlich-rechtlichen Fernsehsender konnten sich alle Interessierten umfassend informieren, den Papst nahezu hautnah erleben und sich ein eigenes Bild von der Person und seinen Aussagen machen.

Ich selbst hatte mich zweimal auf den Weg zum Papst gemacht. Zum einen kam ich der Bitte des Bundespräsidenten nach, an der offiziellen Begrüßung mit militärischen Ehren im Park des Schlosses Bellevue teilzunehmen. Ich bereue es nicht, die wegen der Sicherheitsvorgaben zeitaufwendige Reise gemacht zu haben. Beide kurzen, von Respekt und Offenheit geprägten Reden erlebte ich als einen gelungenen und hoffnungsvollen Auftakt des Papstbesuchs. Bundespräsident Wulf würdigte glaubwürdig und konkret das wertvolle Wirken der Kirchen in unserem Gemeinwesen, bekannte sich zu seinem Glauben und seiner Konfession und benannte die brennenden Fragen und Probleme, die bei uns diskutiert werden, und die ihn ganz persönlich in seiner familiären Situation betreffen. Benedikt XVI. bedankte sich für die Einladung und ausdrücklich für Wulfs „auch in die Tiefe gehenden Begrüßungsworte“ und setzte sich im Blick auf die gewonnene Einheit und Freiheit mit dem Beziehungsgeflecht von Freiheit, Religion, Solidarität und Subsidiarität auseinander. Zum andern hatte ich die Einladung von Erzbischof Zollitsch in das Freiburger Konzerthaus angenommen. An den Anfang stellte der Papst seinen Dank eigentlich an uns alle hier: „Ich freue mich über diese Begegnung mit Ihnen, die Sie sich in vielfältiger Weise für die Kirche und für das Gemeinwesen engagieren. Dies gibt mir eine willkommene Gelegenheit, Ihnen hier persönlich für Ihren Einsatz und Ihr Zeugnis als „kraftvolle Boten des Glaubens an die zu erhoffenden Dinge“ (LG, 35) ganz herzlich zu danken.“ Die nachfolgende Auseinandersetzung mit dem Beziehungsgeflecht Sendung der Kirche – Staat und Gesellschaft – Strukturen und Organisation mit dem sechsmal auftauchenden Begriff „Ent-weltlichung/ent-weltlichen“ auf hohem Niveau und mit vielen Fragezeichen ermöglicht viele Deutungen. Die FAZ interpretiert ihn z. B. so: nicht Weltflucht sei damit gemeint, sondern der Christ solle sich nicht abhängig von der Welt machen. Böswillig handeln solche Kommentatoren, die aus der Rede die Aussagen herausgelesen wollen:

um ihrer Strahlkraft willen müsse sich die Kirche aus Staat und Gesellschaft zurück ziehen, und

der von Erzbischof Zollitsch und der Bischofskonferenz angestoßene Dialogprozess sei kontraproduktiv und schädlich.

Damit wäre ich beim Thema: Dialogforum „Im Heute glauben“ und Dialogprozess

Mehrfach vor und nach Mannheim nahm ich in verschiedenen Interviews zur Zusammensetzung der Delegation, zu Erwartungen, Ablauf und Themen Stellung, deshalb will ich mich hier kurz fassen. Gerne gehe ich in persönlichen Gesprächen weiter darauf ein. Nur zwei Sätze aus dem Interview mit dem Sonntagsblatt möchte ich wiederholen: „Ich empfand die Atmosphäre sehr, sehr offen und vor allem auch mit Tiefgang und teilweise sogar mit einem gewissen Frohsinn. Es war wirklich so, dass man (…) gemerkt hat, den Leuten geht es um den Glauben, geht es um die Kirche, auch wenn Kritisches gesagt wird.“ Umso größer war meine Enttäuschung über die Berichterstattung und negative Meinungsmache einiger Medien, die sich als „katholisch“ bezeichnen. Was da geschrieben stand, hatte mit der Realität in Mannheim größtenteils nichts zu tun. Gut nachvollziehbar ist es da, wenn ein gestandener Pfarrer eines ostdeutschen Bistums sein Abo mit der Bemerkung kündigt: „leider würden unter dem Deckmantel der Frömmigkeit dauernd Bosheiten verbreitet.“ Erfreulich positiv empfand ich in Mannheim die Schlussbemerkungen von Kardinal Marx, Zitat: „Alle zentralen Themen sollen bei diesem mehrjährigen Prozess Raum finden. Dabei ist es wichtig, dass der Begriff der Communio, der Gemeinschaft wieder deutlich wird: Alle Getauften und Gefirmten sind Zeugen der Botschaft des Herrn.“ Weiter betonte der Kardinal die Notwendigkeit des Transfers der Ergebnisse in die Bischofskonferenz, in die Bistümer und Gruppierungen und in die Öffentlichkeit. Die priorisierten Zukunftsbilder der Kirche müssten als Themen, an denen im weiteren Gesprächsprozess gearbeitet werden kann, geordnet werden. Herauskristallisiert hätten sich die drei Themenblöcke: Gemeinsame Verantwortung aller Getauften in der Kirche – Barmherziger Umgang mit gebrochenen Biografien – Kommunikationsfähigkeit der Kirche. Und diese drei Themenkomplexe wurden bereits von den Bischöfen bei der Sitzung des Ständigen Rats im August übernommen, bei dem auch die Termine für die Jahrestreffen in den kommenden drei Jahren festgelegt wurden: 14./15. September 2012, 13./14. September 2013, 12./13. September 2014.

Unserem Bischof und unserem Generalvikar bin ich dankbar für ihre Briefe, die sie noch vor den Sommerferien an die Gemeinden geschrieben haben, in denen konkret benannt ist, welche Fragestellungen auf dem Weg zu lebendigeren Gemeinden sich zunächst bei uns aufdrängen. Ich freue mich auch darüber, dass inzwischen die angekündigte Projektstelle mit Pastoralreferentin Monika Albert besetzt wurde, die gleich bereit war, an unserer Vollversammlung teilzunehmen, damit wir sie kennenlernen und mit ihr ins Gespräch kommen können.

Bei Begegnungen im Bistum spüre ich häufig eine gewisse Resignation: „Was bringt’s?“. Motivieren wir doch mit Offenheit, Fantasie, persönlicher Zuneigung und spirituellem Tiefgang zu einem Dialog, der jeden Menschen, jedes Thema und jedes Problem ernst nimmt. Der morgige Vormittag bietet uns die Möglichkeit, Erfahrungen mit einem ergebnisorientierten Dialog zu machen, an einer einander wertschätzenden Kommunikationskultur zu arbeiten und die dann in den verschiedenen Gremien zu nutzen. Ähnliches erlebten die Delegierten in Mannheim, und es hat gut getan und sicherlich zum – trotz konträrer Standpunkte – geschwisterlichen Umgang miteinander beigetragen.

Wir dürfen das Feld nicht rückwärtsgewandten Bruderschaften und Gruppen, elitären Autoren und Journalisten oder auch Kirchenleuten bis ins Kardinalskollegium hinein überlassen, welche die engagierten Katholiken in den Verbänden, Räten und Gemeinschaften – eben uns – als Spalter und Urgrund allen Übels verleumden. Nein, für uns gilt: „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art, sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi“ (GS). Dafür stehen wir und bemühen uns um ein glaubwürdiges Zeugnis an dem Platz, an den wir mitten in Kirche, Gesellschaft und Welt gestellt sind.